Wohngebäude, Denkmalgerechte Sanierung und Umbau, Helmstedt.

SONDERPREIS DEUTSCHER FACHWERKPREIS 2020

 

Fachwerkhaus: Papenberg 14, Verantwortiges Syndikatshaus des Klosters St. Ludgeri und Verantwortliches Pfarrhaus der Kirchengemeinde St. Stefani

Adresse: Papenberg 14, 38350 Helmstedt

Bauherren : Sigrid und Werner Schultz, Breisgauer Straße 47, 14129 Berlin

Baujahr : 1764, Bauzeit Sanierung 2016 bis 2020

Nutzung : Mehrfamilienwohnhaus

Durchgeführte Maßnahmen: 

Behutsame Grundrissänderung zu abgeschlossenen Wohnungen auf den Etagen, Erneuerung Installationen und Heizung, Energetische Verbesserung durch straßenseitige Innendämmung mit in Lehm gebetteten Holzweichfaserplatten, hofseitig Dämmung unter dem Ziegelbehang und Dämmung der obersten Geschossdecke, der Kellerdecken und der Bodenflächen gegen Erdreich, Wandbehang und Dachdeckung mit regionaltypischen Krempziegeln, fachgerechte Reparatur der Fachwerkkonstruktion, Kalkputz der Gefache, Innen Ergänzung und Reparatur des Lehmputzes, Verwendung von Leinölfarben und Silikatfarben, Restaurierung der bauzeitlichen Dielenfußböden, Kreuzstockfenster, Restaurierung der bauzeitlichen Türen inklusive der Bänder und Griffe und der original geschnitzten Haustür. 

Fertigstellung der Restaurierung: 2020

Besondere Gestaltung und Technik:

Ergänzung der Inschriftentafel 

Architekten und beteiligte Handwerker:

Schulte-Heuthaus Architekten, Neumannstraße 2, 13189 Berlin

Zimmerei Axel Gronde, Elmweg 2, 38378 Warberg bei Helmstedt

Henties Bedachungen, Triftweg 43, 38350 Helmstedt

Putz- und Malerarbeiten Andre Willer Lenaustraße 27, 12047 Berlin

Tischlerei Bache, Heidberg 9, 38350 Helmstedt

Tischlerei Ebenholz, Frau Wrede, Restauratorin im Tischlerhandwerk, Dorfstraße 2, 38173 Mönchevahlberg

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1. GESCHICHTE DES GEBÄUDES UND DIE ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGEN DER SANIERUNG

Der dreigeschossige Fachwerkbau wurde durch den ehemaligen Propst des Klosters St. Ludgeri auf den Grundmauern des Vorgängerbaus errichtet und diente bis 1802 als Syndikatshaus des Klosters, in dem der „Bevollmächtigte für Rechtsgeschäfte“ wohnte.

Familie Schulz kaufte das Haus in den 80er Jahren. Es war bis 2010 vermietet. Im Jahr 2011 stand das Haus leer. Der allgemeine Zustand des Gebäudes hatte sich durch den Leerstand arg verschlimmert und das Gebäude war stark sanierungsbedürftig. Familie Schulz versuchte das Gebäude zu verkaufen, was schwieriger als erwartet war. Und so wurde schließlich eine Sanierung des Gebäudes in Erwägung gezogen.

2014 trafen sich das Denkmalamt und Familie Schulz, um über die finanzielle Unterstützung und über die baulichen Anforderungen einer denkmalgerechten Sanierung zu verhandeln. „Bei einem Investment bis 60 000 Euro übernimmt die öffentliche Hand bis zu 30 Prozent der Kosten. Bei Summen darüber ist eine Förderung von 45 Prozent möglich.“ (Braunschweiger Zeitung 2012) Die Stadt bot eine Unterstützung von 45%. 

Die Stadt begann gleichzeitig den Papenberg-Platz komplett zu sanieren, so dass zu Baubeginn die Maßnahmen beendet waren. Ende 2014 erhielten wir die denkmalrechtliche Genehmigung zur Gesamtsanierung und den Modernisierungsvertrag der Stadt Helmstedt für den Papenberg 14. 

Nach weiteren Diskussionen mit dem Architekten und Energieberater für Denkmal und ersten Kostenschätzungen anhand der denkmalgerechten Genehmigung der Stadt Helmstedt entschied sich Familie Schulz für die Sanierung, da der energetische Anteil noch zusätzlich über die Programme 152 und 431 KFW gefördert werden konnten.

Unter diesen Voraussetzungen begannen 2016 die Baumaßnahmen mit dem Ziel, ein heruntergekommenes Denkmal erstklassig zu sanieren.

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2. DER ZUSTAND VOR DIE SANIERUNG

Das Baudenkmal Papenberg 14 ist ein beeindruckendes Gebäude am Platz und ungewöhnlich für Helmstedter Verhältnisse. Im Gegensatz zu der umgebenen Bebauung hat es sehr hohe Geschosse und großzügige Räume zur Straßenseite, die durch Flügeltüren miteinander verbunden sind. Die Ausstattung und die Grundrisse entsprachen allerdings nicht mehr aktuellen Bedürfnissen. Die Wohnungen hatten einfach ausgestattete Küchen und Bäder und es gab jeweils eine Toilette im Treppenhaus. 

Beheizt wurde das Gebäude mit Ölöfen.

Die Innenputze der Lehmwände waren mit Gips und Zement übergeputzt und tapeziert.

Die Decken waren teilweise abgehängt und versteckten die freiliegenden Deckenbalken auf der die Lehmwickel ruhten. 

In einigen Bereichen waren Innendämmungen an den Außenwänden angebracht –  z.B. aus Aluminiumfolie, Styropor und Rosshaar. An diesen Stellen gab es Feuchtigkeitsschäden an den Außenwänden und zu den Nachbargebäuden. Das Ausfachungsmaterial war an diesen Stellen ausgewaschen, wodurch die Fachwerkhölzer stark geschädigt worden waren. 

Dielen lagen fast im gesamten Haus in eher gut erhaltenem Zustand. Nicht so im Erdgeschoss, über dem unterkellerten Bereich und im Eingangsbereich. 

Die Türen waren teilweise entfernt worden und befanden sich in den Nebengebäuden, im Keller und auf dem Dachboden. Alle Türen wiesen mehrfache Lackschichten auf. 

Auch das Treppenhaus und die Treppe selbst waren mit mehreren Lackschichten gestrichen. 

Die Fassade der der Straße zugewandten Seite hat Sichtfachwerk. Die Ausfachungen wiederum waren mit Kalk verputzt. Der Altanstrich aus Lack des Fachwerks war zu großen Teilen verwittert und blätterte ab. Die Schäden an den Fachwerkhölzern waren gut sichtbar. 

Die hofseitige Fachwerkfassade zum Garten hatte als Wetterschutz einen hinterlüfteten Behang aus Krempziegeln. Diese waren stark beschädigt und fehlten zum Teil. 

Der Dachstuhl und das  Dachgeschoss waren in einem guten Zustand. Lediglich an einer Stelle war das Dach undicht. Entsprechend mussten darunter zwei Deckenbalken und die Lehmwickel ausgetauscht werden. 

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3. ZIEL UND SANIERUNGSMASSNAHMEN

Die erste Zielstellung der Sanierung war eine enge Kommunikation schon in der Planungsphase zwischen Denkmalschutz, Bauherren, Architekten und Handwerkern. 

Ziel war es, durch minimale Eingriffe die Grundrisse zu abgeschlossenen Wohneinheiten der heutigen Anforderungen zu schaffen. 

Alle Eingriffe sollten auch wieder reversibel sein, um den Originalzustand des Hauses rekonstruierbar zu lassen. 

Ein neu geschaffener Flur ermöglichte eine sinnvolle Erschließung der oberen Wohnungen, und es ergab sich daraus auch eine neue Eingangssituation für die beiden Wohnungen. 

Die Großzügigkeit der Zimmer konnte so auch erhalten bleiben. 

Diese Maßnahmen gaben den Wohnungen eine neue gebrauchsfähige Struktur, die sowohl das Denkmalamt wie auch die Bauherren befriedigte. 

Im Erdgeschoss entstanden neben dem fulminanten Eingangsbereich zwei Studios mit Wohnküche und einem Schlafzimmer. 

Ein Raum des Nebengebäudes wurde noch an das rechte Studio angeschlossen. Dort entstand ein Badezimmer. 

Das Treppenhaus und die Treppe wurden sorgsam und aufwendig entlackt und bekamen einen neuen Anstrich in den historischen Farben. 

Ein sehr detailliertes Türkataster half dabei, die sanierten Türen wieder an ihre ursprünglichen Positionen zu bringen. Die neuen Türen setzen sich in ihrer Einfachheit von den historischen ab. 

Was die Energieeffizienz für das Gebäude betrifft: Das Dachgeschoss wurde nicht ausgebaut und der Dachstuhl ist weiterhin gut belüftet. Eine Unterspannbahn unter den Dachziegeln schützt vor Wettereinflüssen. Die obere Geschossdecke wurde nach KFW-Anforderungen gedämmt. Die Sichtfachwerk-Fassade ist, durchgängig über alle Etagen, von innen mit in Lehm gebetteten Holzweichfaserplatten gedämmt (4 cm). Die Berechnung der Innendämmung erfolgte durch eine dynamische Untersuchung des Wandaufbaus. 

Besonderer Wert wurde auf die Sichtfachwerkfassade des Hauses gelegt, da diese ein Zeichen für den Platz und die Stadt setzen soll. 

Kleinere Schäden an den Fachwerkhölzern wurden ausgespänt und mit einer Hanf-Leim-Mischung verschlossen. Mussten die Hölzer ersetzt werden, wurde dieses durch Holz gleicher Art und gleichen Querschnitts mit klassischen zimmermannsmäßigen Holzverbindungen getan. 

Das Ausfachungsmaterial wurde dazu vorsichtig aus- und wieder eingebaut. 

Der alte Lack der Fachwerkhölzer wurde schonend mit Bürsten abgelöst.

Nachdem alle Schadstellen der Fassade beseitigt wurden, gab es ein erneutes Treffen mit dem Denkmalamt, Bauherren, Architekten und dem Stuckateur. Es wurden die Untergrundvorbereitung der einzelnen Ziegelgefache sowie der Wiederaufbau von Farbe und Struktur besprochen. 

Besonders wichtig war die sorgsame Entfernung des alten Kalkzementputzes von den Ziegelgefachen, um einen sauberen kraftschlüssigen Verbund des neuen zweilagigen 

Kalkgrundputzes zu gewährleisten. Struktur und Stärke des Grundputzes gaben die unebenen Fachwerkhölzer vor. 

Den letzten Schliff für die lebendig wirkende Fassade gab der Sumpfkalkputz mit dem darauffolgenden Silikatanstrich, ausgeführt mit Streichbürste in der ausgewählten Farbe.

Zuletzt wurde eine Replik der Inschriftentafel erstellt und angebracht, die das Gebäude bis in die 1980er Jahre im Portal krönte, Die leicht gewölbte Platte mit erhaben geschnitzten Buchstaben Mitra und gekreuzten Abtsstäben verweist auf den Probst von St. Ludgeri 1764.

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